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Vor 25 Jahren: Robert Corbett wird Stadtkommandant

 

Als die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs 1945 den Alliierten Kontrollrat und die für die ehemalige Reichshauptstadt zuständige Alliierte Kommandantur errichteten und mit den Generalen Floyd Parks (USA), Alexander Kotikow (UdSSR), Lewis Lyne (Großbritannien) und Charles Lancon (Frankreich) erstmals ihre eingesetzten Stadtkommandanten in das neue Gremium entsandten, konnte niemand erahnen, wie lange die deutsche Teilung tatsächlich dauern und welche Tradition der Stadtkommandanten daraus erwachsen würde, was sich im Laufe der Zeit aber auch zu einer traurigen Selbstverständlichkeit entwickelte.

Insgesamt amtierten zwischen 1945 und 1990 79 Stadtkommandanten in Berlin, wovon die USA 26, Großbritannien 21 und Frankreich 18 Offiziere im Generalsrang stellten. Die Sowjetunion, die die Alliierte Kommandantur bereits ab 1948 boykottierte, setzte 14 Stadtkommandanten ein, wobei der Posten ab 1962 durch einen Offizier der Nationalen Volksarmee der DDR besetzt wurde.

Seit dem Einzug des ersten britischen Stadtkommandanten Lyne in die aus dem Nazi-Bestand beschlagnahmte Villa Lemm in Berlin-Gatow, schrieben nahezu alle Oberbefehlshaber militärische und zum Teil auch historische Zeitgeschichte.

Die Kameradschaft 248 GSU e. V. erinnert in regelmäßigen Abständen an die früheren Stadtkommandanten, deren Dienstsitz und Familien ab den 1970er Jahren zum Teil auch unter den Schutz der einstigen German Security Unit gestellt waren, nachdem die Kompanie die Zuständigkeit der Bewachung der Villa Lemm übernahm.

So galt es bereits im letzten Monat an John Nelson, 12. Stadtkommandant von 1966 bis 1968 zu erinnern, dessen Sterbetag sich zum 20. Mal jährte. Auch David Scott-Barrett gilt es zu würdigen. Der 15. Stadtkommandant (1973 bis 1975) starb vor genau 10 Jahren.

Der Januar 2014 steht, neben des siebenten Todestages von David Mostyn (18. Stadtkommandant von 1980 bis 1983), ganz im Zeichen eines Stadtkommandanten, der zwar eine der kürzesten Amtszeiten hatte, dessen Wirken aber, wenn auch oft unbemerkt und im Hintergrund vollzogen, wesentlich mit den Geschehnissen der Wiedervereinigung und der Stellung Berlins in Verbindung zu bringen ist.

Er führte nicht nur beeindruckende Gespräche mit der bundesdeutschen Politik, sondern beriet vor allem seine eigene Regierung bei den Vorbereitungen der legendären Zwei-plus-Vier-Verhandlungen in wichtigen Berlin-Fragen: Robert Corbett.

 

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Sir Robert J. S. Corbett im Mai 2012 in Berlin

 

Seit jener Zeit steht der diplomatische Offizier im Bekanntheitsgrad der höchsten militärischen Kreise Großbritanniens, seinem berühmten (Fast-) Namensvetter, des berüchtigten Navy-Captains Robert Corbet, kaum etwas nach.

Vor genau 25 Jahren, im Januar 1989, trat der damals 49jährige Generalmajor Robert Corbett seinen Dienst als 21. britischer Stadtkommandant in Berlin an. Niemand konnte ahnen, dass er zugleich auch der letzte sein würde. Seine vor allem diplomatischen Geschicke, sollten sich für die britische Politik als Glücksfall erweisen.

Robert Corbett trat 1959 in den britischen Militärdienst ein. Seine ersten Jahre führten ihn auch nach Berlin, wobei das damalige Stadtbild mit jenem der 1990er Jahre, kaum etwas gemein hatte. Noch heute bezeichnete er seine ersten Eindrücke aber als „maßgeblich beeindruckend“.

Sein erstes eigenes Kommando erhielt er 1981 über die Irish Guards, eines der fünf Leibregimenter der Königin. Im Anschluss wurde er Stabschef der britischen Streitkräfte auf den Falkland-Inseln und 1985 Kommandeur der 5. Luftlandebrigade.

1987 wechselte Corbett zunächst in das Verteidigungsministerium, ehe er schließlich im Januar 1989 britischer Stadtkommandant in Berlin wurde. Im Zuge des Mauerfalls und der sich daran anschließenden Politik der Annäherung, erhielt er unmittelbare Weisungen der Regierung aus London.

So war es plötzlich auch die Aufgabe des Generals, entscheidende Vorgespräche mit Persönlichkeiten der bundesdeutschen Politik zu führen, was im Wesentlichen zu den Vorverhandlungen der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen gehörte.

Er unterstützte Premierministerin Margaret Thatcher und Außenminister Douglas Hurd als Berater in Berlin-Fragen und traf sich nicht nur mit Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl, sondern auch mit zwei ehemaligen Regierenden Bürgermeistern: Bundespräsident Dr. Richard von Weizsäcker und Willy Brandt.

Mit der schrittweisen Umsetzung des Zwei-plus-Vier-Vertrages und der Wiedervereinigung, erhielt Deutschland seine endgültige politische Souveränität zurück. Die Alliierten zogen somit vertragsgemäß ihre Stadtkommandanten aus Berlin ab.

Legendär bleibt auch der letzte Tag von Robert Corbett als Stadtkommandant.

Am Vormittag wurde er an seinem Dienstsitz von einer Formation der German Security Unit, unter Führung von Staff Superintendent Wolfgang Schiller MBE, durch die GSU verabschiedet. Dann verließ Corbett mit seiner roten Dienstlimousine zum letzten Mal die Villa Lemm und begab sich mit seinem Adjutanten in das britische Hauptquartier am Olympiastadion.

 

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Abschied: Am 2. Oktober 1990 verlässt Robert Corbett für immer die Villa Lemm

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Nach einer kurzen Verabschiedungsrunde begab sich Corbett zur letzten Sitzung der Alliierten Kommandantur, die in jenem Monat unter britischer Leitung tagte. Die Bilder gingen um die Welt, als Robert Corbett die letzte Sitzung mit den Stadtkommandanten Raymond Haddock (USA) und Francois Cann (Frankreich) mit einem symbolischen „Hammerschlag“ beendete.

Im Anschluss fuhren die drei Generäle zu ihrem letzten Termin: Im Rathaus Schöneberg erwarteten sie die Mitglieder des Abgeordnetenhauses und der Regierende Bürgermeister Walter Momper. Im Namen der scheidenden Stadtkommandanten überreichte Robert Corbett einen letzten gemeinsamen Brief an den Regierenden Bürgermeister, mit dem er heute noch eng befreundet ist. In dem Brief formulierten die Generäle den berühmten Satz „Das Berlin, das wir zurücklassen, wird vereint und frei sein“ und beendeten somit formal die alliierten Vorbehaltsrechte.

Im Anschluss sprach Corbett, im Namen der Generäle, zu den Abgeordneten und verabschiedete sich von der Stadt.

Für ihre Verdienste erhielten die Offiziere aus den Händen des Regierenden Bürgermeisters und des Parlamentspräsidenten Jürgen Wohlrabe den Landesverdienstorden sowie die Ernst-Reuter-Plakette.

Nach diesem würdigen Abschied verließen die bisherigen Stadtkommandanten die Stadt, deren Dienstzeit am 2. Oktober 1990 um 24 Uhr endete. Mit Aufhebung der alliierten Vorbehaltsrechte, ging die Hoheit über die Stadt somit wieder auf die Berliner Verwaltung über.

Robert Corbett selbst, wechselte auf den Posten des kommandierenden Generals im Bezirk London und trat 1994 schließlich in den Ruhestand. Nach seiner Pensionierung widmete er sich als Vorsitzender einer Wohltätigkeitsorganisation der Jugend- und Bildungsarbeit.

Der inzwischen von der britischen Königin geadelte Sir Robert Corbett hält als Zeitzeuge und Buchautor jährlich zahlreiche Vorträge in den Staaten des Commonwealth über die Begebenheiten des Kalten Krieges. Seit Gründung der GSU-Kameradschaft, besteht zudem eine enge Verbindung zu den Angehörigen der ehemaligen GSU. Der ehemalige Generalmajor bezeichnet die Geschehnisse während seiner Amtszeit in Berlin als die wichtigsten seiner militärischen Laufbahn. In vielen seiner Vorträge über die Ereignisse anlässlich des Berliner Mauerfalls, erinnert er an den frühen Morgen des 10. November 1989.

Der Stadtkommandant begab sich zum sowjetischen Ehrenmal an der Straße des 17. Juni in Berlin-Tiergarten. Corbett befürchtete Angriffe gegen die Soldaten und ordnete dem Polizeipräsidenten Georg Schertz telefonisch den Einsatz von Beamten zum Schutz der Sowjets an, die am Ehrenmal ihren Dienst verrichteten. Die Situation blieb aber friedlich und Corbett war es zudem möglich, sich erstmals mit den Soldaten zu unterhalten. Ein sowjetischer General dankte ihm für sein besonnenes Handeln mit einem persönlichen Dankschreiben.

Regelmäßig versucht Robert Corbett, in seine alte Wirkungsstätte zu reisen und hielt sich letztmalig im Mai 2012 als Gast der Kameradschaft der GSU in Berlin auf. Geprägt durch seine Berliner Zeit sind auch Freundschaften zu alten Weggefährten entstanden. Noch heute pflegt er einen regelmäßigen Kontakt zum ehemaligen Regierenden Bürgermeister Walter Momper und die früheren Stadtkommandanten Raymond Haddock und Francois Cann.

 

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Vereinsmitglieder in historischen Uniformen begrüßen die Corbetts im Mai 2012 in Berlin

 

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Alte Freunde: Robert Corbett mit Anne und Walter Momper

 

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Erste Reihe: GSU-Chef Gerhard E. Zellmer mit Walter Momper während einer Corbett-Rede

 

Noch in diesem Jahr wird Corbett erneut mit Mitgliedern der GSU-Kameradschaft zusammentreffen. Zwischen einzelnen Ehemaligen der GSU und dem einstigen Oberbefehlshaber ist in den letzten Jahren ein freundschaftliches Verhältnis entstanden.

Der ehemalige Generalmajor ist seit 1966 mit seiner Frau Susan verheiratet. Mit ihren drei Söhnen leben sie im südenglischen Sherborne. Einer der Söhne hat ebenfalls die Offizierslaufbahn eingeschlagen.

Neben seinen Vorgängern Robert Richardson, Bernard Gordon-Lennox und Patrick Brooking gehört der 73jährige Corbett zu den noch lebenden vier ehemaligen britischen Stadtkommandanten.

 

Die Kameradschaft 248 German Security Unit e. V. ist seit August 2013 Vollmitglied der ROYAL MILITARY POLICE ASSOCIATION und der einzige Verein, der seitens der britischen Militärpolizei als Repräsentant der ehemaligen German Security Unit und für deren geschichtliche Darstellung anerkannt wird.